Das älteste Gewerbe?
Das älteste Gewerbe ist gar nicht so alt wie das viel zitierte Schlagwort behauptet. Am Anfang der vor rund sechs Millionen Jahren beginnenden Menschheitsgeschichte gab es Jäger und Sammler und etwas später Handwerker, die Steinbeile herstellten, was Ausgrabungen beweisen.
„Auf die frühe gewerbsmäßige Selbstpreisgebung einer weiblichen(!) Person zur Unzucht“ (so definiert Brockhaus die Prostitution) läßt gar nichts schließen. Die Prostitution kam erst mit dem Entstehen städtischer Ballungsräume auf. Also ungefähr vor zehntausend Jahren. Denn die Anonymität des Kunden war bei der Prostitution (in ihrer heutigen Form) immer wichtig - und anonym kann man eben nur in der Stadt bleiben. Davor war Prostitution eng mit Mythos und Religion verbunden.
Naturvölker mit Großfamilien, die ihre verwandtschaftlichen Beziehungen mitunter auf dem Bärenfell auffrischten, beschränkten die Prostitution auf kultische Bedürfnisse. Die Genitalien als Fruchtbarkeitssymbol hochhaltend, versuchten die Gläubigen ihrer Göttin durch partnerschaftliche Demonstration mit der Priesterin ackerbauliche Anliegen nahe zu bringen. Als gesellschaftlicher Brauch institutionalisiert, wurden in Babylon alle Frauen gesetzlich dazu angehalten, einmal im Leben Göttervorbild zu spielen.
Die erwartungsfrohen Opferlämmer durften erst nach Vollzug der hautnahen Handlung geehelicht und heimgeführt werden. Doch erst nach Gewährung einer milden Gabe wurden dem Lustwandler im Tempelgarten Schürfrechte im Schoß der erwählten Jungfrau gestattet. Die Folgen spürten die Mädchen selbst: Hässliche Priesterinnen - weiß der griechische Geschichtsschreiber Herodot zu berichten - saßen bis zu drei Jahre unbenutzt unter den sakralen Palmen. Der griechische Staatslehrer Solon erkannte den Wert des mystischen Liebeslohnes für die öffentliche Hand - und wurde ab sofort der Weise genannt. Durch besteuerte Staatsbordelle die Tempeldamen konkurrenzierend, verhalf der Urvater aller Strizzis dem Gunstgewerbe auch gesellschaftlich zu unverblümter Daseinsfreude. Das herrschaftlich organisierte Staatswesen färbte auch auf die Beischlafbranche ab. Während die ausgebildete Hetäre ihren Dienst am Kunden gut bezahlt und unter moralischer Bonität verrichtete, wurde die Hilfsarbeit des noch schulbedürftigen Nachwuchses (Dikteriaden) nur in den Hafenstädten legitimiert.
Kapitalistischen Tendenzen zum Trotz, die in dem Lustobjekt Frau eine Ware sahen, war für den Freier der Antike die Unterleibsakteurin Sklavin. Erst nachdem die römische Friedhofsdirne Domitilla Kaiser Vespasian derart virtuos in der Gruft entspannt hatte, dass er sie in den Palast übersiedeln ließ, und erst als die spätere Kaiserin Messalina als Bordellstar auch künstlerisch zu Ansehen gelangt war, verschwammen die gesellschaftlichen Barrieren. Nach einer galoppierenden Inflation im Gunstgewerbe sorgte das Christentum endgültig für den Börsenkrach. In asketischer Abwertung des saftigen Triebes sollte im Diesseits verpönt sein, was es im Jenseits nicht geben konnte. Um die Huren von der anständigen Welt zu trennen, isolierte der Kirchenfürst Augustinus das befreiende Freizeitvergnügen in einschlägigen Häusern. Andere Spaßverderber eiferten ihm nach: Karl der Große wollte das gebrandmarkte Problem radikal wie den Gordischen Knoten lösen, durch ein totales Verbot, und scheiterte vorhersehbar am Widerstand der koital Verstrickten. Denn legistisch-formellen Attacken durch den Staat zum Trotz treibt das ambulant therapierte Bedürfnis nach rasch konsumierbarer sexueller Befriedigung stets dann größte Blüten, wenn seine legale Verachtung am augenscheinlichsten ist.
Ähnlich staatlich konzessionierten Sittenhütern der Gegenwart muss Friedrich Barbarossa frustriert auf die Ruinen seiner Gedankenwelt geblickt haben, als sein Prostitutionsverbot mit dem Aufbruch von 2.000 Marketenderinnen im Heer der Kreuzritter beantwortet wurde. Und ähnlich den heutigen Salondamen, hatten letztlich die Straßendirnen des Mittelalters im Aufblühen der Städte eine Marktnische gefunden und die Prostitution zu der profilträchtigen Branche in gegenwärtig bekannter Form ausgebaut. Die Wellenbewegung des horizontalen Gewerbes kulminierte mit dem Auftreten der Mätressen und Kokotten der Renaissance in einer neuen Konjunktur, um deshalb umso heftiger bekämpft zu werden. Auf Geheiß der Moralfanatikerin Maria Theresia wurde jede aufgegriffene Dirne zu lebenslanger Straßenreinigung verurteilt und jeder denunzierte Kunde zur Hochzeit mit seinem Kurzzeitvergnügen. Durch die Französische Revolution in alle Gesellschaftsschichten eingesickert, passte sich das Gunstgewerbe hundert Jahre später der kapitalistischen Klassengesellschaft an. Im Streben nach maximalem Profit ihrer Ware traten die Straßenhändlerinnen eigenunternehmerisch auf und stürmten aus den Bordellen. An der geschäftsüblichen Vertragsgesinnung des freien Marktes orientiert, wurde die Forderung nach vorheriger Akontierung ihres Dienstes ebenso obligat wie die nachfolgende Bereitschaft zu entsprechender Leistung. Durch variable Preise nach der jeweiligen Marktlage kamen Kunden nach Mitternacht manchmal zu Großhändlerrabatten in den Genuss von Sonderangeboten.
Naturvölker mit Großfamilien, die ihre verwandtschaftlichen Beziehungen mitunter auf dem Bärenfell auffrischten, beschränkten die Prostitution auf kultische Bedürfnisse. Die Genitalien als Fruchtbarkeitssymbol hochhaltend, versuchten die Gläubigen ihrer Göttin durch partnerschaftliche Demonstration mit der Priesterin ackerbauliche Anliegen nahe zu bringen. Als gesellschaftlicher Brauch institutionalisiert, wurden in Babylon alle Frauen gesetzlich dazu angehalten, einmal im Leben Göttervorbild zu spielen.
Die erwartungsfrohen Opferlämmer durften erst nach Vollzug der hautnahen Handlung geehelicht und heimgeführt werden. Doch erst nach Gewährung einer milden Gabe wurden dem Lustwandler im Tempelgarten Schürfrechte im Schoß der erwählten Jungfrau gestattet. Die Folgen spürten die Mädchen selbst: Hässliche Priesterinnen - weiß der griechische Geschichtsschreiber Herodot zu berichten - saßen bis zu drei Jahre unbenutzt unter den sakralen Palmen. Der griechische Staatslehrer Solon erkannte den Wert des mystischen Liebeslohnes für die öffentliche Hand - und wurde ab sofort der Weise genannt. Durch besteuerte Staatsbordelle die Tempeldamen konkurrenzierend, verhalf der Urvater aller Strizzis dem Gunstgewerbe auch gesellschaftlich zu unverblümter Daseinsfreude. Das herrschaftlich organisierte Staatswesen färbte auch auf die Beischlafbranche ab. Während die ausgebildete Hetäre ihren Dienst am Kunden gut bezahlt und unter moralischer Bonität verrichtete, wurde die Hilfsarbeit des noch schulbedürftigen Nachwuchses (Dikteriaden) nur in den Hafenstädten legitimiert.
Kapitalistischen Tendenzen zum Trotz, die in dem Lustobjekt Frau eine Ware sahen, war für den Freier der Antike die Unterleibsakteurin Sklavin. Erst nachdem die römische Friedhofsdirne Domitilla Kaiser Vespasian derart virtuos in der Gruft entspannt hatte, dass er sie in den Palast übersiedeln ließ, und erst als die spätere Kaiserin Messalina als Bordellstar auch künstlerisch zu Ansehen gelangt war, verschwammen die gesellschaftlichen Barrieren. Nach einer galoppierenden Inflation im Gunstgewerbe sorgte das Christentum endgültig für den Börsenkrach. In asketischer Abwertung des saftigen Triebes sollte im Diesseits verpönt sein, was es im Jenseits nicht geben konnte. Um die Huren von der anständigen Welt zu trennen, isolierte der Kirchenfürst Augustinus das befreiende Freizeitvergnügen in einschlägigen Häusern. Andere Spaßverderber eiferten ihm nach: Karl der Große wollte das gebrandmarkte Problem radikal wie den Gordischen Knoten lösen, durch ein totales Verbot, und scheiterte vorhersehbar am Widerstand der koital Verstrickten. Denn legistisch-formellen Attacken durch den Staat zum Trotz treibt das ambulant therapierte Bedürfnis nach rasch konsumierbarer sexueller Befriedigung stets dann größte Blüten, wenn seine legale Verachtung am augenscheinlichsten ist.
Ähnlich staatlich konzessionierten Sittenhütern der Gegenwart muss Friedrich Barbarossa frustriert auf die Ruinen seiner Gedankenwelt geblickt haben, als sein Prostitutionsverbot mit dem Aufbruch von 2.000 Marketenderinnen im Heer der Kreuzritter beantwortet wurde. Und ähnlich den heutigen Salondamen, hatten letztlich die Straßendirnen des Mittelalters im Aufblühen der Städte eine Marktnische gefunden und die Prostitution zu der profilträchtigen Branche in gegenwärtig bekannter Form ausgebaut. Die Wellenbewegung des horizontalen Gewerbes kulminierte mit dem Auftreten der Mätressen und Kokotten der Renaissance in einer neuen Konjunktur, um deshalb umso heftiger bekämpft zu werden. Auf Geheiß der Moralfanatikerin Maria Theresia wurde jede aufgegriffene Dirne zu lebenslanger Straßenreinigung verurteilt und jeder denunzierte Kunde zur Hochzeit mit seinem Kurzzeitvergnügen. Durch die Französische Revolution in alle Gesellschaftsschichten eingesickert, passte sich das Gunstgewerbe hundert Jahre später der kapitalistischen Klassengesellschaft an. Im Streben nach maximalem Profit ihrer Ware traten die Straßenhändlerinnen eigenunternehmerisch auf und stürmten aus den Bordellen. An der geschäftsüblichen Vertragsgesinnung des freien Marktes orientiert, wurde die Forderung nach vorheriger Akontierung ihres Dienstes ebenso obligat wie die nachfolgende Bereitschaft zu entsprechender Leistung. Durch variable Preise nach der jeweiligen Marktlage kamen Kunden nach Mitternacht manchmal zu Großhändlerrabatten in den Genuss von Sonderangeboten.
Die Distanzverkürzung zwischen oberen und unteren Gesellschaftsschichten in modernen Großstädten weckte auch in Prostituiertenkreisen den Wunsch nach Demokratisierung. Nach ersten schüchternen Versuchen zu Zusammenschlüssen in Berlin um die Jahrhundertwende (Verband der Prostituierten im Jahr 1914) eskalierte das Standesbewusstsein der Hetäre Beginn der 80er und 90er Jahre. In Rom forderte die Tibernixe Adriana Bonfati im Namen ihrer 20.000 italienischen Genossinnen eine Vertretung im Parlament (Partitio per la protezione delleprostitute).
RECHTLICHE ASPEKTE DER PROSTITUTION
Im 18. und 19. Jahrhundert nahm die Prostitution, vor allem in den schnell wachsenden Städten, zu. Allgemein wurden eine Zwangsregistrierung und die medizinische Überwachung von Dirnen eingeführt. Die soziale Diskriminierung der Prostituierten gründet sich damit nicht zuletzt auf die Gesetzgebung. Bereits im 19. Jahrhundert versuchte man durch ein System von Reglementierungen, die Bevölkerung vor Geschlechtskrankheiten zu schützen. Dennoch beschränkten die meisten Vorschriften aber lediglich die Freiräume für Prostitution. Diese an sich und der außereheliche Geschlechtsverkehr standen nicht unter Strafe, denn damit wären auch Männer kriminalisiert worden.
Erste Verordnungen wurden 1802 von Napoleon I. zum Schutz der Gesundheit seiner Soldaten erlassen. Das Strafsystem und die gesundheitlichen Überwachungssysteme beschränkten sich stets nur auf die sich prostituierenden Frauen. In Deutschland schrieb das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 die Einschreibung von Prostituierten vor. Von den Auswirkungen waren alle Frauen betroffen, denn polizeiliche Zwangsuntersuchungen richteten sich oft auch gegen Frauen, die sich nicht prostituierten.
Die polizeilichen Maßnahmen umfassten zahlreiche Freiheitsbeschränkungen und Verhaltensgebote: Prostituierte durften beispielsweise nicht in offenen Kutschen oder Straßenbahnen fahren, Militärparaden beiwohnen, mit anderen Prostituierten zusammen oder im Erdgeschoß wohnen. Es war ihnen verboten, Zigarren zu rauchen und Verbindungen zu Zöglingen von Zivil- und Militärinstitutionen zu unterhalten.
Die Ausübung der Prostitution ist heute in Deutschland, Italien und Österreich, anders als in vielen anderen europäischen, wie der Schweiz, und außereuropäischen Ländern gesetzlich erlaubt. Jedoch kann sich jeder, der im weitesten Sinn den Kontakt zwischen einer Prostituierten und dem Kunden herstellt und dafür Geld entgegennimmt, als Zuhälter strafbar machen.
Hurenorganisationen wie die HYDRA fordern seit Mitte der neunziger Jahre die rechtliche und soziale Gleichstellung von Prostituierten mit anderen Erwerbstätigen.
Wenn es die Straftatbestände der Zuhälterei und der Förderung der Prostitution nicht gäbe, so ihre Argumentation, könnten reguläre Arbeitsverträge abgeschlossen werden und jede Prostituierte wäre in das soziale Netz eingebunden. Vom Gehalt und dem Arbeitgeberanteil würden Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Rentenversicherung abgeführt.
RECHTLICHE ASPEKTE DER PROSTITUTION
Im 18. und 19. Jahrhundert nahm die Prostitution, vor allem in den schnell wachsenden Städten, zu. Allgemein wurden eine Zwangsregistrierung und die medizinische Überwachung von Dirnen eingeführt. Die soziale Diskriminierung der Prostituierten gründet sich damit nicht zuletzt auf die Gesetzgebung. Bereits im 19. Jahrhundert versuchte man durch ein System von Reglementierungen, die Bevölkerung vor Geschlechtskrankheiten zu schützen. Dennoch beschränkten die meisten Vorschriften aber lediglich die Freiräume für Prostitution. Diese an sich und der außereheliche Geschlechtsverkehr standen nicht unter Strafe, denn damit wären auch Männer kriminalisiert worden.
Erste Verordnungen wurden 1802 von Napoleon I. zum Schutz der Gesundheit seiner Soldaten erlassen. Das Strafsystem und die gesundheitlichen Überwachungssysteme beschränkten sich stets nur auf die sich prostituierenden Frauen. In Deutschland schrieb das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 die Einschreibung von Prostituierten vor. Von den Auswirkungen waren alle Frauen betroffen, denn polizeiliche Zwangsuntersuchungen richteten sich oft auch gegen Frauen, die sich nicht prostituierten.
Die polizeilichen Maßnahmen umfassten zahlreiche Freiheitsbeschränkungen und Verhaltensgebote: Prostituierte durften beispielsweise nicht in offenen Kutschen oder Straßenbahnen fahren, Militärparaden beiwohnen, mit anderen Prostituierten zusammen oder im Erdgeschoß wohnen. Es war ihnen verboten, Zigarren zu rauchen und Verbindungen zu Zöglingen von Zivil- und Militärinstitutionen zu unterhalten.
Die Ausübung der Prostitution ist heute in Deutschland, Italien und Österreich, anders als in vielen anderen europäischen, wie der Schweiz, und außereuropäischen Ländern gesetzlich erlaubt. Jedoch kann sich jeder, der im weitesten Sinn den Kontakt zwischen einer Prostituierten und dem Kunden herstellt und dafür Geld entgegennimmt, als Zuhälter strafbar machen.
Hurenorganisationen wie die HYDRA fordern seit Mitte der neunziger Jahre die rechtliche und soziale Gleichstellung von Prostituierten mit anderen Erwerbstätigen.
Wenn es die Straftatbestände der Zuhälterei und der Förderung der Prostitution nicht gäbe, so ihre Argumentation, könnten reguläre Arbeitsverträge abgeschlossen werden und jede Prostituierte wäre in das soziale Netz eingebunden. Vom Gehalt und dem Arbeitgeberanteil würden Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Rentenversicherung abgeführt.
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