Ding und Hängetitten
Eigentlich redet jeder so, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, auch in Sachen Sex? Gerade da verstellen sich die Menschen heute kaum noch und reden „ganz natürlich“: ängstlich oder protzend, zärtlich oder geil, bürokratisch, obszön, distanziert. Ganz so, wie es die Situation, ihr Gefühl und Gegenüber nahe legen.
Ohne Rücksicht auf Tabus?
Die gibt es bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zum Großteil nicht mehr. Heute kann man sexuelle Bezeichnungen und Worte aller Art überall lesen, hören und aussprechen - ohne dass jemand ernsthaft daran Anstoß nimmt. Das ist sicherlich gut für eine klare und offene Verständigung untereinander.
Ist es auch gut für den Sex?
Ob auch die Sexualität profitiert, wenn so viel über sie gesprochen wird, ist eine andere Frage. Man kann ja auch sehr lust- und kunstvoll drumherum reden, ohne dass die Erotik und der Thrill auf der Strecke bleiben.
Verrät die Wahl der Sprache etwas über meine Sexualität?
Macht es einen Unterschied, ob ich zum Beispiel „bumsen“ oder „miteinander schlafen“ sage? Ja. Wie sich jemand ausdrückt, sagt immer etwas über seine Persönlichkeit aus. Kurzschlüsse sollte man jedoch vermeiden: Wer „bumsen“ sagt, ist weder automatisch hart drauf noch unverkrampft und unheimlich locker. Im Gegenzug bedeutet „Miteinander schlafen“ nicht gleich zärtlich, langweilig, verheiratet, Lehrerin.
Gibt es da Unterschiede zwischen Mann und Frau?
Frauen benennen und besprechen eher das Problematische der Sexualität, viele Männer tun dagegen gern selbstsicher. Ob die einen sich allerdings ehrlicher, öffentlicher oder härter als die anderen ausdrücken, hängt von der jeweiligen Biografie, Weltanschauung oder Position im Geschlechterkampf
ab.
Aber die Kommunikation klappt trotz alledem?
Sicher ist es positiv für eine Beziehung, wenn man in Sachen Sex die gleiche Sprache spricht. Wer etwa bei der Aufforderung des Partners „Lass uns ficken“ nur wegen der Wortwahl keine Lust, sondern Magenschmerzen kriegt, wer deshalb pikiert oder befremdet reagiert, der empfindet die ungleiche Sprache sicherlich nicht als anregende Differenz, sondern als eine unangenehme Störung der sexuellen Kommunikation.
Kann man denn die gleiche Sprache lernen?
Dafür gibt es keine goldenen Regeln. Wichtig ist es, zu sich, zu seinen Gefühlen und zu einer eigenen Ausdrucksweise zu finden. Und selbstverständlich darf die Bereitschaft nicht fehlen, den anderen verstehen zu wollen, ihn zu akzeptieren - nicht ganz einfach.
Ist es eine Alternative, lieber ganz den Mund zu halten?
Einerseits ja, andererseits nein – natürlich kann „sexuelle Sprachlosigkeit“ zu Missverständnissen, Unklarheiten oder Beziehungsproblemen führen. Auf der anderen Seite allerdings auch zu Stille, zu Ruhe sowie einer größeren Bedeutsamkeit der nonverbalen Kommunikation.
Also Taten statt Worte?
Genau das. Manchmal ist es eben einfach nur fade, wenn alles schon beschrieben, bezeichnet und restlos besprochen ist. Dem Wesen einer Blume kommt man beispielsweise auch nicht dadurch auf die Spur, dass man sie seziert und den einzelnen Bestandteilen einen Namen gibt.
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