Märchenstunde
Wie Sex sein muss - abstruse sexuelle Vorstellungen
Menschen sind von Natur aus sexuelle Wesen. Sie machen im Jugendalter die ersten Erfahrungen mit Erotik und Sexualität, der erste Geschlechtsverkehr folgt und so ihre Erlebnisse überwiegend positiv waren, entwickeln sie ein gesundes und erfülltes Sexualleben. Leider lernen wir Menschen nicht nur die Sexualität an sich kennen, sondern auch Märchen und Mythen, die sich um diese ranken und meist mit der Realität wenig zu tun haben. Trotzdem beeinflussen sie viele Männer und Frauen und führen zu Minderwertigkeitskomplexen und Ängsten.
Wir wollen Ihnen nun einige dieser Märchen vorstellen und sie auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfen.
• Das männliche Geschlecht muss nicht nur immer bereit zum Geschlechtsverkehr sein, sondern auch jederzeit Lust verspüren
Potenz ist das Schlüsselwort, über das sich viele Männer unserer Gesellschaft definieren. Versagt das beste Stück, kommt dies einem Weltuntergang gleich, da Männer nicht gelernt haben, ihre Geschlechtlichkeit rational zu betrachten. Sie schämen sich, einen Arzt aufzusuchen oder mit ihrer Partnerin über das Problem zu sprechen. Depressionen sind die Folge, die leicht vermieden werden könnten, wenn Männer sich klarmachen würden, dass nicht alles im Leben von ihrer Erektionsfähigkeit abhängt.
• Ohne großen Penis kann man(n) nicht befriedigen
Dieser Mythos, obwohl auch vom weiblichen Geschlecht schon tausendfach widerlegt, wird wohl noch existieren, wenn Menschen bereits den Mars besiedeln. Er ist einfach nicht totzukriegen. Obwohl jeder intelligente Mann eigentlich wissen müsste, dass es nicht auf die Beschaffenheit seines Penis ankommt, sondern vielmehr darauf, wie kreativ er diverse Stellungen praktiziert, das Ambiente einer sexuellen Begegnung wählt und wie erotisch sich sein Auftreten in intimen Situationen ganz im Allgemeinen gestaltet.
• Erlebt die Partnerin keinen Orgasmus, ist der ganze Geschlechtsakt nichts wert
Natürlich wünscht sich jede Frau einen Orgasmus. Es wäre eine Lüge, dies zu leugnen. Doch auch ohne Höhepunkt kann ein Liebesstündchen positiv und für beide befriedigend enden. Manche Männer sind so darauf fixiert, ihrer Partnerin eine „Explosion“ zu bescheren, dass die ganze Sache in Zwang ausartet und beide nichts mehr von diesem sexuellen Spiel haben. Also liebe Männer: Eine entspannte Grundhaltung ist angesagt! Vor allem dem weiblichen Geschlecht zuliebe, das normalerweise aus der „Orgasmuserlangung“ keinen sportlichen Wettkampf macht.
• Ein gemeinsamer Höhepunkt ist das Maß aller Dinge
Möglicherweise wäre ein gleichzeitiger Orgasmus tatsächlich eine sehr leidenschaftliche Angelegenheit, allerdings ist er mit Sicherheit noch etwas anderes: nämlich ziemlich unrealistisch! Früher wurde der gemeinsame Höhepunkt als jenes Ziel dargestellt, auf das Mann und Frau hinzusteuern hätten. Erst dann wäre ihr Sexualleben wirklich erfüllt. Ein Unsinn, wie wir alle sehr gut wissen. Denn überlegen Sie bitte: Wie oft hatten Sie mit Ihrem Partner gleichzeitig, auf die Sekunde genau, einen Orgasmus? Kaum bis niemals wird die Antwort wohl lauten. Ihr Geschlechtsverkehr ist dennoch befriedigend und höchst erotisch? Tja, und nichtsdestoweniger hält sich dieses Gerücht hartnäckig. Wieder ein Zwang, der nicht zu mehr Spaß im Bett, sondern zu mehr Stress führt und alle Beteiligten nur unter Druck setzt.
• Alle Handlungen, die nicht mit Beischlaf enden, fallen nicht unter die Rubrik „Sex“
Gegenseitiges Streicheln, die Verwendung von Sextoys wie Vibrator, Plug und Liebeskugeln, Fellatio – all dies wird von vielen Menschen zwar als netter Zeitvertreib angesehen, da aber der Penis nicht in die Vagina eingeführt wird, kann es sich für diese Personen wohl kaum um Sex handeln. Dabei vergessen sie vollkommen, wie schön gerade das Drumherum der Erotik ist und dass der Geschlechtsverkehr für sich allein betrachtet kaum die Sache wert wäre. Drei Minuten und fertig – ist das wirklich das, was wir wollen? Kommt es nicht eher auf das Vorspiel an, das gegenseitige Reizen, das erotische Geplänkel, das Heißmachen des Partners, bis er beinahe wahnsinnig wird? Wer Sex nur als Beischlaf sieht, verpasst die schönsten Momente in seinem Leben und wird, wenn wirklich einmal Erektionsstörungen oder andere Probleme auftreten, in ein tiefes Loch fallen.
Zu diesem Thema passt auch das nächste Märchen:
• Jeder Mann wird irgendwann einmal impotent
Dass die Potenz mit fortgeschrittenem Alter nicht mehr so ist wie in den Zwanzigern, liegt auf der Hand. Nichts ist mit siebzig Jahren mehr so wie damals. Man kommt schneller außer Puste, wenn man Treppen steigt, die Reaktion wird langsamer – eben all die Alterserscheinungen, die nach und nach auftreten und zu unserem Leben einfach dazugehören. Dass aber die Potenz vollkommen versagen muss, ist Unsinn. Und auch Erektionsstörungen bei älteren Männern sind durchaus wert, behandelt zu werden. Niemand sollte sich scheuen, einen Arzt aufzusuchen, nur weil er in einem Alter ist, von dem viele annehmen, es sei mit Sex ohnehin nicht mehr vereinbar.
Wobei wir gleich beim nächsten Vorurteil wären:
• Personen im Rentenalter verabschieden sich von jeder Form der Sexualität
Im Grunde ist dazu nicht mehr, als ein Wort zu sagen: Schwachsinn! Erotik und Sexualität haben kein Ablaufdatum. Viele Menschen genießen sie auch noch im hohen Alter, auch wenn sich die Dynamik natürlich verändert. Befriedigende sexuelle Erlebnisse schaffen Zufriedenheit und Freude am Leben – egal, ob man zwanzig oder siebzig Jahre zählt!
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