Lauscher wider Willen
Lauscher wider Willen
Die sexuellen Aktivitäten ihrer Nachbarn interessieren die meisten Menschen (so sie nicht gerade zu den Voyeuren zählen) nur peripher. Bisweilen jedoch kommen wir nicht umhin, das Sexleben unserer Mitmenschen zu bemerken – und manche setzt dies sogar unter Druck!
Vernimmt man Stöhnen und Lustschreie aus der Nebenwohnung, was im Sommer bei geöffneten Fenstern oft kaum zu vermeiden ist, amüsiert man sich vielleicht darüber, lauscht auch ein wenig, schließlich bekommt man ein solches Hörspiel nicht alle Tage geboten, und lässt sich vielleicht zu eigenen Aktivitäten inspirieren. Nimmt der Sex nebenan jedoch kein Ende, verändert sich die Dynamik. Er wird nicht nur zum geräuschvollen Ärgernis, sondern beginnt auch, die eigene Beziehung ins Wanken zu bringen.
Offen gestellte Fragen tauchen auf:
Warum schlafen wir nicht jede Nacht miteinander wie unsere Nachbarn?
Warum bringst du mich nicht dazu, solche Lustschreie auszustoßen?
Und auch vor Überlegungen, die wir nicht auszusprechen wagen, sind wir nicht gefeit:
Warum bringe ich es nicht dreimal pro Nacht wie der Typ von nebenan?
Bin ich hässlicher als meine Nachbarin, weniger begehrenswert? Schläft er deshalb nicht so oft mit mir?
Und verdammt noch mal, was scheppert da drüben eigentlich ständig? Sind unsere Hausgenossen dem BDSM verfallen und lassen die Ketten klirren? Die sehen doch gar nicht danach aus!
Warum läuft bei uns eigentlich immer alles nach Schema F?
Die Nachbarn zu bitten, ihre Fenster zu schließen, mag zwar ein Hilfsmittel sein, um während ihrer erotischen Vergnügungen nicht mehr in der ersten Reihe zu sitzen, hilft aber kaum gegen die aufkommenden Zweifel. Man sollte sich jedoch darüber klar werden, dass die eigene Partnerschaft nicht zum Scheitern verurteilt sein muss, nur weil man es nicht jeden Abend treibt wie die Karnickel. Ist man bisher mit seinem Sexleben zufrieden gewesen, kann man die Ängste getrost abhaken.
Sich unter Druck setzen zu lassen, obwohl die eigenen Bedürfnisse befriedigt sind, wäre schwachsinnig.
Schwirren einem die oben genannten Fragen jedoch bereits seit längerer Zeit durch den Kopf, sieht die Sache anders aus. Denn dann werden die Menschen in der Nebenwohnung zur durchdringenden Erinnerung an die eigene Unzufriedenheit, der man nur schwer entkommen kann. In diesem Fall sollte man das Gespräch mit dem Partner suchen. Man muss schließlich nicht sofort Kettenbondage praktizieren, um die eigene Erotik wieder anzukurbeln.
Tina (43): „Als das junge Paar neben uns einzog und laufend orgastische Schreie zu vernehmen waren, bemerkten mein Mann und ich erst, wie sich unser Sexleben in den letzten Jahren verändert hatte. Es war zur Routine geworden, jede Spontanität fehlte. Doch die beiden haben uns Lust darauf gemacht, unsere Leidenschaft wiederzuentdecken.“
Sexbesessene Nachbarn können also durchaus Vorteile bringen, die über das reine Lauschen hinausgehen!