Der Morgen danach
Wie man den „Morgen danach“ elegant bewältigt
Als der Knigge verfasst wurde, waren die One-Night-Stands zwar bereits erfunden, jedoch durfte über sie nicht gesprochen werden bzw. zählten sie zu den sexuellen Untaten. Deshalb schreiben wir heute das fehlende Kapitel: wie man sich am Morgen danach gentlemanlike aus der Affäre zieht …
Wobei nicht gesagt ist, dass es sich immer um den Mann handeln muss, der sich am liebsten klammheimlich davonstehlen würde. Die Emanzipation ist auf diesem Gebiet vollzogen!
War die Nacht wundervoll, stellt der Morgen danach kaum ein Problem dar: Handelt es sich um ein Wochenende, verbringt man vielleicht den restlichen Tag miteinander, muss man zur Arbeit, verabschiedet man sich liebevoll – möglicherweise mit einem erotischen Vorgeschmack auf den Abend – und verabredet ein weiteres Date, samt Hinterlassung sämtlicher Kontaktdaten.
Möchte man mit dem nächtlichen Fehlschlag jedoch nie wieder etwas zu tun haben, sollte man sich trotzdem nicht sang- und klanglos entfernen. Man hat mit dieser Person immerhin einige intime Stunden verbracht und ist gewissermaßen verpflichtet, sich aus der Affäre zu ziehen, ohne zu viel Porzellan zu zerschlagen oder als skrupelloses Subjekt dazustehen.
Befindet man sich in der eigenen Wohnung, bietet man dem Bettgenossen Frühstück an. Am besten unterhält man sich über unverfängliche Themen. Wird man allerdings direkt auf eine Wiederholung der sexuellen Aktivitäten angesprochen, sollte man auch ehrlich antworten. Formulieren Sie dabei eine Ablehnung freundlich. Es ist nicht nötig, dem Gegenüber mitzuteilen, man habe noch nie mieseren Sex gehabt als in dieser Nacht. Gemeinplätze, so verwaschen sie auch sein mögen, wirken immer noch besser als die ungeschminkte Wahrheit. Überlegen Sie, wie Sie gern in dieser Situation behandelt werden würden.
Ist man gezwungen (Job, Ehefrau oder –mann, Erreichung des Flugzeugs), den Schauplatz der Ereignisse zu früher Stunde zu verlassen, sollte man wenigstens ein paar Zeilen verfassen, um den nächtlichen Partner nicht im Ungewissen zu lassen. Wirkliche Gentlemen und Gentlewomen melden sich selbst nach einem wahren Bettdisaster innerhalb einer gewissen Frist – wenn nicht aus Freundlichkeit und Interesse, dann aus Taktgefühl.
Gehen Sie einfach von der Überlegung aus, dass die Frau oder der Mann, den sie am liebsten vergessen würden, den Sex mit Ihnen nicht absichtlich als Reinfall inszeniert hat. Sie passen in erotischen Belangen einfach nicht zueinander – no big deal! Wahre Meister schaffen es, die Situation positiv enden zu lassen, obwohl sie vielleicht wenig Positives an sich hatte. Sie sind jederzeit in der Lage, ein paar freundliche Worte mit der betreffenden Person zu wechseln, sollten sie ihr zufällig wieder einmal begegnen.
Vor Frust und Peinlichkeit am Morgen danach ist niemand gefeit – entweder als Gelangweilter oder aber auch als Langweilender. Häufen sich die Misserfolge, sollte man sich allerdings fragen, ob man nicht doch zu sorglos an die Sache herangeht, indem man wahllos Menschen abschleppt, mit denen man nichts gemein hat. Einen gewissen Anspruch zu stellen, vermindert vielleicht die Zahl der Intimkontakte, erhöht jedoch die Qualität ungemein!