Polymorie
Polyamorie
Warum sich auf einen Partner beschränken?
Unsere Beziehungen sind im Wandel begriffen. In den Sechzigern kam erstmals die Idee der freien Liebe auf, die nun inhaltlich weiterentwickelt wird.
Bernd verbringt am Samstag den Abend mit Katrin. Sie gehen ins Kino, trinken anschließend einen Cocktail in einer kleinen Bar und vergnügen sich hinterher im Schlafzimmer. So weit, so unspektakulär. Einen Tag später jedoch trifft sich Bernd mit Mareike. Gemeinsam besuchen sie ein Gartenfest und abends landen sie ebenfalls miteinander im Bett. Mareike und Katrin wissen voneinander und – nun kommt das große Aha-Erlebnis – Bernd sagt, er liebe beide Frauen.
Während bei offenen Beziehungen ein Liebesverhältnis mit einer Person auf akzeptierte Sexverhältnisse mit anderen Personen trifft, leben polyamoröse Frauen und Männer auch ihre Liebe nicht nur auf einen Menschen bezogen. Exklusivität findet in keiner Hinsicht mehr statt.
Auch Mareike, Bernds Freundin, hat neben ihm noch einen anderen Partner, der ebenfalls von Bernds Existenz weiß und kein Problem damit hat, nicht ihr einziger Mann zu sein. Kennengelernt hat er Bernd, den jemand in einer herkömmlichen Beziehung als Rivalen bezeichnen würde, allerdings bisher nicht. Auch Mareike und Katrin sind sich eher zufällig über den Weg gelaufen und haben die Bekanntschaft nicht offensiv gesucht, denn Polyamory ist schwierig zu leben und die Eifersucht schleicht sich auch in solche Beziehungen, obgleich sie hier anders thematisiert wird: ohne Vorwurf, Schuldzuweisung und das Verlangen, den Nebenbuhler zu beseitigen.
„Wir möchten uns einfach nicht nur auf einen Menschen beschränken“, erklärt Mareike. „Wer hat schon das Glück, seinem hundertprozentigen Lebensmenschen zu begegnen? Meist verbindet A mit B die Leidenschaft für das Theater, A mit C der Fußball und A mit D die Begeisterung für eine bestimmte Band. Und dabei geht es nicht um Sex, obwohl natürlich auch Sex eine Rolle spielt. Verliebt man sich in eine Person, will man ihr auch körperlich nahe sein. Das ist ganz natürlich. Der Irrglaube, man könne nur einen Menschen lieben, und das noch dazu bis ins hohe Alter, hat viele unserer Eltern und Großeltern in ein Leben gedrängt, das sie so eigentlich gar nicht führen wollten. Sie fühlten sich der Konvention verpflichtet. Das unterscheidet uns von ihnen.“
„Wer eine einfache Partnerschaft sucht“, fügt Bern hinzu, „sollte sich allerdings nicht der Polyamory zuwenden. Man muss sehr viel Beziehungsarbeit leisten, um das Gleichgewicht zwischen den einzelnen Personen zu gewährleisten. Vor Eifersucht ist niemand gefeit, so aufgeklärt er auch sein mag. Aber ich würde niemals eine konventionelle Ehe eingehen, die mich nicht nur in meinem Sexualverhalten einschränkt, sondern auch in meiner Liebesfähigkeit.“
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