Spontan-Sex
Fabian war toll. Einfühlsam und sehr erotisch. Bei Fabian gab es nur einen kleinen Abzug in der B-Note: Er stand nicht auf die schnelle, leichte Lust. Bei ihm musste es immer das Bett und dort immer die große Oper sein. Unendlichkeit, die mir manchmal mächtig auf den Zeiger ging. Immer dann nämlich, wenn ich abends müde war. Wenn ich zur Entspannung noch etwas Spaß vertragen hätte, aber bitte auch nicht mehr. Wenn ich morgens mit Lust im Bauch in der Küche stand, aber lieber keine Hand an meinen Liebsten legte, weil ich dann garantiert die Nachmittagskonferenz verpasst hätte. Gern hätte ich ihn zwischen Milchkaffee und Marmeladenbrötchen in meinem Mund gefühlt, sein Stöhnen mit auf den Weg genommen.
Doch bei ihm hatte eine Ex ganze Arbeit geleistet. Von wegen: Frauen brauchen einstündige Kopfmassagen, um auf Touren zu kommen. Darauf können offenbar auch 68 Prozent der von uns befragten Frauen verzichten, bei den Männern sind es sogar 83 Prozent, wie Meinungsforscher herausfanden. Es halten sich allerdings hartnäckige Gerüchte, dass Frauen es seltener schaffen, ihre gute Kinderstube zu vergessen. Wobei das auch wieder der Kick sein kann, wie 24 Prozent von ihnen angeben.
Mit dem Thema hat Katja aus Düsseldorf keine Probleme.
„Den schärfsten Sex erlebe ich in Situationen, die völlig ungeplant sind“, gesteht die 28-Jährige. „Zum Beispiel im Flugzeug – auf der Strecke von Madrid nach Frankfurt.“ Dabei sah zunächst alles ganz anders aus: „Den Abend zuvor hatte ich zu viel geraucht und getrunken.“ Die Aussicht, nach Ankunft in die Agentur zu müssen, stimmte sie auch nicht gnädiger. Plötzlich hielt ihr jemand ein Glas Rotwein unter die Nase. „Trinken Sie mit mir?“, fragte eine Stimme direkt neben ihr, die einem Architekten aus Genua gehörte. Es war keine Frage. Mehr ein Befehl. Das Gespräch, das sich entwickelte, war voller Anspielungen. Irgendwann musste sie mal. Als sie die Tür aufriegelte, stand er vor ihr, schob sie zurück und ihren Rock bis zum Schritt. Katja: „Die Nummer während des Sinkflugs gehört zu den explosivsten Erfahrungen, die ich je gemacht habe. Und ich kenne noch nicht einmal seinen Vornamen“, grinst sie. Doch wie so schnell Einverständnis in einer Sache finden, für die manche ein paar Monate brauchen? „Oft ist es ein langer Blick. Dieselbe Idee zur selben Zeit“, erklärt die Buchautorin Anne West.
Und findet, dass Spontansex zu den Grundsäulen im Liebesleben gehören sollte.
Keine Erwartungen, keine Hemmungen, nur eine einzige, geteilte Lust.Dabei ist diese Variante nichts für jeden Tag. Weil jeden Tag Fast Food auch nicht glücklich macht. Sie ist aber bestens geeignet, um im Hauseingang grandiosen Sex zu haben, wenn die Gier nach dem Sofort noch nicht einmal mehr bis zum ersten Treppenabsatz reicht. Das Risiko, überrascht zu werden, beschleunigt auf ganz besondere Weise. Ihm haftet ein Hauch von Verschwörung an. Gibt es etwas Besseres, als so zu bestätigen, wie unwiderstehlich der andere ist? Das hebt die Stimmung und noch einiges mehr. Die Aussicht auf erotische Zwischenmahlzeiten lässt beide sekundenschnell die nötigen Voraussetzungen schaffen. Multiple Orgasmen stehen dabei nicht im Vordergrund. Aber das Gefühl, erotisch zu sein und begehrt zu werden.
Wie realistisch ist es, solche Hemmungslosigkeit in eine Langzeitbeziehung zu retten?
Leider nicht sehr, vermutet Anne West. Frauen neigen eher dazu, sich moralisch unter Druck zu setzen. „Sie fürchten sich vor der Bewertung anderer“, so die Autorin. „Dass sie als Schlampe gelten.“ Frauen meinen, dass sie ihrem Partner nur die „anständigen“ Seiten präsentieren dürfen.Wenn die wüssten! Eine alte Regel sagt: Die einzige Chance auf ein gesundes Sexleben besteht, wenn Fantasien und Wünsche richtig dreckig sind. Fakt ist: Männer mögen es unanständig.
Anne West: „Sie stehen darauf, wenn Frauen sich etwas nehmen, Männer und ihren Lustprügel benutzen, sich es mit ihm praktisch selber machen und er sich wunderbar hingeben kann, als Objekt ihrer Begierde.“Das hat viel mit Selbstbewusstsein zu tun. Mit der positiven Einstellung zu „herrlich schamlosen“ Dingen, die beide verrückt machen. Katja kann meisterhaft auf dieser Klaviatur spielen. Neulich nachts im Bus, letzte Reihe, auf der Reise in den Skiurlaub. Fast alle schliefen – bis auf ihren Freund, der mit dem Vordermann in ein Gespräch über Börsenkurse vertieft war. Plötzlich packte sie die Lust, ihn oral zu befriedigen: „Ich spürte, wie er innerlich abging. Wie sehr er sich aber konzentrieren musste, um ruhig weiter zusprechen. Während diesem kleinen oralen Intermezzo den Gesprächsfaden nicht zu verlieren.“ Was sie daran so genießt? „Dass es sich Gott sei Dank nie anständig anfühlt …“
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