Schläge & Lust 2

Wie Schläge Lustgefühle erzeugen


Warum Peitsche und Rohrstock bei keiner SM-Session fehlen dürfen – Teil 2


Weshalb genießt es ein Mensch, geschlagen zu werden? Lassen wir einmal die auslösenden Momente beiseite und beschäftigen wir uns mit jenen, die eher an der Oberfläche liegen. Der passive Part möchte bestraft werden, entweder für ein ausgedachtes oder ein tatsächliches Vergehen. Häufig wird diese Art der Bestrafung in einem Rollenspiel zelebriert, in dem Top und Sub verschiedene Personen darstellen (wie zum Beispiel Lehrer und Schulmädchen oder Herr und Sklavin). Bei Rollenspielen ist der Kontext bereits vorgegeben und muss nicht erst mühsam in die eigenen Vorstellungen integriert werden, was zu einer Vereinfachung führt und so die Empfindungen auf eine einzige Sache konzentriert.


Die moralische Schranke wird nicht als solche empfunden, der/die Sub kann somit etwas genießen, was üblicherweise eigentlich nicht genossen werden kann, darf oder sollte. Eine Art Spielplan, der viele Handlungen oder Diskussionen bereits vorgibt, hilft vielen SM-Begeisterten also, die Sache ins Laufen zu bringen. Der Zweck dieses Spieles ist unterschiedlich. Manche möchten den Widerstand des passiven Parts brechen. Auch Vergebung oder eine Art Sühne der Schuld sind Ziele, auf die hingesteuert werden. Aber dieser Bereich ist kaum zu erfassen, da jedes Paar unterschiedlich agiert und andere Vorstellungen umsetzt, selbst wenn es sich auf das streng organisierte Drehbuch eines Spieles einlässt. Oftmals werden die Schläge auch mit Demütigungen gekoppelt, was aber nicht immer der Fall ist.


Ob ein Orgasmus erlebt wird, hängt sehr vom „Skript“ ab und den Möglichkeiten, die jenes bietet, da nicht jede Situation auch wirklich offensichtliche sexuelle Wünsche beinhaltet, wie zum Beispiel die Lehrer/Schülerin-Vorstellung zeigt. Ein weiterer Grund, Schläge zu genießen, ist der Schmerz. Masochistisch veranlagte Personen werden durch Peitsche und Paddle erotisiert und können manchmal sogar allein durch Schläge zum Orgasmus kommen, obwohl weder Geschlechtsverkehr noch eine manuelle Stimulation des Kitzlers oder des Penis stattfindet. Wobei allerdings nicht jede Art von Schmerz dieses Ergebnis erzielt. Auch Masochisten können einem Zahnarztbesuch durchaus mit Unbehagen entgegensehen. Schläge werden auch dann gerne hingenommen, wenn der/die Sub etwas für den Top – diese Bezeichnung beinhaltet hier sowohl den weiblichen als auch den männlichen dominanten Part – ertragen möchte, wie es oft in Erziehungsspielen der Fall ist. Auch eine moralische Schranke zu durchbrechen oder einfach unter Zwang etwas zu tun, erregt viele passiv geneigte Menschen. Hier spielt vor allem die Ergebenheit in das eigene Schicksal eine große Rolle, die Empfindung, nichts unternehmen zu können, um sich aus einer Situation zu befreien. Allerdings sind Schläge in diesem Kontext eher ein Mittel zum Zweck und werden meist von anderen Komponenten überlagert.

Auch der dominante Part eines SM-Gefüges hat verschiedene bewusste und unbewusste Gründe, warum es ihm Freude macht, eine Person zu schlagen bzw. zu quälen. Manche tun es ausschließlich, um ihrem/ihrer Sub eine Freude zu machen. Dies geht oft mit großer Überwindung einher, da ein Mensch, der keine diesbezügliche Neigung verspürt, immer moralische (und natürlich auch praktische) Überlegungen haben wird. Auch läuft eine Beziehung mit einer solchen Konstellation sehr schnell aus, da meist keiner der Mitwirkenden wirklich Lust dabei empfindet. Der/die Sub übernimmt hier quasi das Kommando, was seiner/ihrer eigenen Neigung jedoch mit der Zeit widerspricht. Ein klassischer Grund, zu schlagen, ist das Machtgefühl, das der Top auf diese Weise über den/die Sub ausübt.


Wobei hier die Bandbreite von ein paar Schlägen auf den Po, gegen die sich der passive Part nicht wehren kann, bis hin zu harten Erziehungsmaßnahmen reicht. Ist es das Machtgefühl, nach dem ein Top dürstet, kommt die psychologische Seite viel stärker ins Spiel als bei der Variante, die wir vorher angesprochen haben. Bliebe als letzte Möglichkeit noch die Lust, ein Tabu zu brechen, die vielen Menschen innewohnt. Manche befriedigen diese Neigung bereits mit einem Besuch auf dem FKK-Strand, andere holen die Gerte hervor und verzieren das Hinterteil ihres Partners. Während beim passiven Part die Erregung meist deutlich sichtbar wird, ist dies beim aktiven Part oft nur im Ansatz zu bemerken. Vor allem bei Praktiken, die hohe Konzentration erfordern, ist der Top in erster Line auf die Spieldurchführung konzentriert und erst in zweiter Linie auf seine eigene sexuelle Befriedigung.


Allerdings gleichen erfahrene Tops solche Erlebnisse meist wieder aus, indem sie die Sache beim nächsten Mal anders handhaben bzw. Ruhephasen einplanen. Selbstverständlich sind alle Gründe, die wir hier angeführt haben, selten in Reinform vorhanden. Meist überschneiden sie sich, manchmal erfahren sie auch eine Veränderung, je länger ein Mensch seine Neigung auslebt. Auch mögen noch vollkommen andere Motive vorhanden sein, warum ein Top es erotisierend findet, seine/seinen Sub zu züchtigen und zu beherrschen. Jede Person verfügt über eine ganz unterschiedliche Geschichte. Manche erkennen ihre Neigung bereits sehr früh und leben sie schon mit ihren ersten Partnern aus, während die „Normalbevölkerung“ noch herumexperimentiert. Andere wagen erst im mittleren Alter, sich als dominant oder devot zu outen oder haben bis dahin auch gar keine Lust verspürt, in dieser Weise zu agieren. Wie auch immer – wer mit Bedacht und Verantwortung seine dominante oder submissive Neigung in die Tat umsetzt, wird eine Bereicherung seiner Sexualität erfahren, die sein ganzes erotisches Dasein intensiviert.

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